Postkarten-Altstadt und Bären-Image: Hat sich die Bundesstadt in den letzten Jahren zu fantasielos verkauft? Passen Olympische Winterspiele zu Bern?
Berns neuer Top-Vermarkter Marcel Brülhart kritisiert die bisherige, stark folkloristisch ausgerichtete Tourismuspolitik als eindimensional. Der Mann an der Spitze der neuen Vermarktungs- und Tourismusdachorganisation Bern welcome will verstärkt auf Kultur und kleinere Sportanlässe setzen: Ein Theaterfestival wie in Avignon, Tennisturniere für Senioren, Veloanlässe – nachhaltige Kleinanlässe statt Mega-Events.
Passen da die Olympischen Winterspiele 2026 zu Bern? Bald muss Bern Farbe bekennen. Stadt und Kanton sind Teil des dezentralen Olympiakonzepts Sion 2026.
Wie denken Sie darüber?
Top-Beitrag:
Was heisst schon zu bieder? Wir nutzen ganz einfach die vielen versteckten Trouvaillen und Möglichkeiten nicht und empfangen die Touristen herzlos. Bei uns beginnt die Odyssee beim Tourismus-Center, wo Touristen leicht irritiert über den Bahnhofplatz irren oder beim Bahnhofausgang Welle 7 stranden. Die Signalisation ist immer noch unzureichend. In anderen Städten sind in der Saison überall «aufgestellte» Guides zur Stelle; dazu braucht es vife Bernerinnen und Berner, die Zeit haben. Ein Diplom ist nicht nötig, höchstens ein Kurs. Und dann gibts in Bern zuhauf etwas zu sehen. Aber weshalb sind Münster und Zytglogge nur sehr beschränkt begehbar? Weshalb wird der sensationelle Skulpturenfund beim Münsterpavillon unerkannt nur ganz kurz geöffnet, und das nicht einmal alle Tage? Auf diese Weise könnte schon einiges erreicht werden, ohne Marketingags, die verpuffen.
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Beitrag der Redaktion:
Guten Tag Herr Müller, besten Dank für Ihre Rückmeldung.
«Wir nutzen ganz einfach die vielen versteckten Trouvaillen und Möglichkeiten nicht und empfangen die Touristen herzlos.»
An welche Trouvaillen und Möglichkeiten denken Sie hier?
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Steht doch oben. Das Anbringen von Tafel für POVs (point of views, Aussichtspunkte), z.B. oben auf der Kornhausbrücke, um die Kulisse der Stadt mit den dahinter liegenden Alpen geniessen zu können. Habe schon viele Asiaten dort hoch geschickt, die dann ganz begeistert wieder herunter kamen. Der Aufwand wäre um die CHF 100.- plus Vermerk in der Touristenkarte.
Es fehlen auch öffentliche und vor allem saubere WCs. Die gab es schon seit Jahren überall in Neuseeland 2001, als wir einmal dort waren.
Eine generell freundlichere Haltung gegenüber den Touristen wäre auch gut. Sie nur als Geldbringer zu sehen, kommt selten gut an. Der Service in den Restaurants lässt viel zu oft zu wünschen übrig.
Checkt einmal: https://www.bern.com/de/sehen-erleben/sehenswuerdigkeiten – die Aare im Sommer fehlt, deswegen reisen Leute hierher. Wäre ich hier Tourist, ich wäre hell begeistert davon.
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Top-Beitrag:
Gut verkaufen kann man letztlich nur das, was auch gut ist. Das bisherige Marketing war meines Erachtens so schlecht nicht.
Was man leider etwas vernachlässigte ist beispielsweise das Aareschwimmen (ein absolutes Sommer-Highlight ohne Konkurrenz!).
Angesagt ist: Das Profil zu schärfen und sich im Angebot auf qualitativ Hochwertiges zu konzentrieren. Die lärmigen und peinlichen Werbeveranstaltungen, zum Beispiel mit Beach-Volleyball auf dem Bundesplatz, sollten da keinen Platz finden. Ebenso peinlich sind die Plastik-Bernhardiner, welche in der ganzen Stadt aufgestellt wurden. Wo ist da der Bernbezug?
Ich teile die Einschätzung, dass Olympia nicht zum Profil unserer Stadt (als UNESCO-Welterbe) passt.
Fazit: Mehr über die Inhalte nachdenken, dann wird auch die Vermarktung besser.
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Seit Jahren bemängle ich als Musiker, einen «Walk of Fame» oder einen festen Ort an dem man die vielen bedeutenden Musiker/Sänger begehen oder anhören kann, die die «Musikhauptstadt» hervorgebracht hat. Man könnte Bild, Ton und Lieduntertitelung in einigen Weltsprachen anfügen. Das kann von Mani Matter über Monique, Christine Lauterburg, Stefan Eicher, Res Schmid & Gebr. Marti, Steff la Cheffe quer durch alle Sparten bis zum Xenegugeli gehen. All diese haben international Spuren hinterlassen. Dazu reine Berner Mundartgrössen und Lyriker wie Span, Züri West und Patent Ochsner usw
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Meines Erachtens braucht es ein geschärftes Profil mit wenigen Aspekten, über die sich die Stadt positioniert. Dazu gehören bspw. das Stadtbild mit Aare, das einzigartige Shopping-Erlebnis, kulturelle Veranstaltungen (z.B. Buskers) und als Tor zu den Alpen. Für ausl. Touristen ist das ja keine Distanz. Obwohl ich Sportfan bin glaube ich, dass Olymp. Spiele nicht dazu gehören. Also lieber weniger, das dafür intensiv vermarkten. Man kann sich mit zwar lustigen Bernhardinern, die in der Stadt der Bären aufgestellt werden, kein nachhaltiges Gesicht geben. Das irritiert völlig.
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Etwas vom Besten was Bern zu bieten hat, ist die spektakuläre Aussicht auf die Berge – und nirgends in der Stadt wird darauf hingewiesen! Ich sehe das so wie Jan Holler. Am Bahnhof sollten Wegweiser stehen:
Mountain View
10min walking to the bridge
Ein weiterer Wegweiser auf dem Weg zur Kornhausbrücke sowie einer vor der Brücke und gut wärs: kleiner Aufwand, grosse Wirkung. Auch die Sicht auf die Altstadt vom Rosengarten aus könnte mittels Schildern besser vermarktet werden, was vor allem Individualtouristen zugutekäme.
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Beitrag der Redaktion:
Liebe Leser und Leserinnen, nach der Debatte hier im Stadtgespräch hat Bern welcome bereits die ersten Massnahmen getroffen. Das schreibt Bern welcome-CEO Martin Bachofner auf Anfrage des «Bund»:
«Wir hatten ja bereits diverse Seiten zum Aareschwimmen, aber nicht bei den Sehenswürdigkeiten. Aufgrund des guten Inputs eines Lesers auf Ihrer Plattform „Stadtgespräch“ haben wir dies gestern bei der Rubrik „Sehenswürdigkeiten“ ergänzt. Momentan befindet sich der Text in Übersetzung und die Seite wird dann auch in anderen Sprachen aufgeschaltet. Überhaupt finden wir die Inputs auf der Plattform „Stadtgespräch“ sehr spannend und verfolgen die Einträge mit grossem Interesse. Es ist eine tolle Chance, auch die Meinungen der Bevölkerung zu erhalten. Wo möglich und sinnvoll, versuchen wir die Inputs gleich umzusetzen.»
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Bern hat eine touristische Hardware, die für sich alleine spricht: eine spektakuläre Kombination von Natur, Architektur, Kultur und Aesthetik. Somit ist eine Inszenierung, wie das Freizeitparks und Kreuzfahrtschiffe krampfhaft und mit mässigem Erfolg versuchen, nicht nötig. Einfach grossflächig zeigen, was man hat, für ein authentisches Bild gegenüber einer dies suchenden Zielgruppe. Und die Qualität der touristischen Dienstleister erhöhen, um die hohen Preise zu rechtfertigen, mit Massentourismus geht die Authentizität und Schönheit bachab.
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Top-Beitrag:
Hansjörg Wyss sei Dank. Mit dem erneuerten Angebot des Mäzens, einen Erweiterungsbau des Kunstmuseums zu finanzieren, lenkt er hoffentlich auch die Aufmerksamkeit der Tourismusfachleute auf eine Institution, die zusammen mit dem ZPK einen veritablen Leuchtturm Berns darstellt. Beide Institutionen strahlen über die Landesgrenzen hinaus und haben das Potenzial, Gäste nach Bern zu bringen. Eine hochkarätige Ausstellung mit Bernbezug (Klee! Hahnloser! Räz! Hodler!), die drei Monate dauert, ist wirtschaftlich und imagemässig bestimmt nachhaltiger als eine zweiwöchige Handball-EM.
Und doch liest man im Zusammenhang mit einer neuen Tourismusstrategie vor allem von Sportevents oder (bestenfalls) von Theaterfestivals. Aber auch diese dauern nur ein paar Tage, sprechen eher ein Nischenpublikum an und man müsste bei 0 anfangen. Oder haben Sie schon einmal davon gehört, dass Bern in diesem Bereich über ein Renommee verfügt, auf dem man aufbauen kann? Dass das Kunstmuseum heute nicht nur im übertragenen Sinn etwas abseits liegt, sieht man auch daran, dass die Hodlerstrasse nicht ein grüner Stadtboulevard ist, der zum Museum führt, sondern eine Betonwüste.
Es ist eine gute Idee, die Aare vermehrt in den Fokus zu rücken. Aber bitte nicht nur als Fluss, in dem man baden kann. Wir wissen, dass dies aufs ganze Jahr gesehen recht selten möglich ist. Wie wäre es mit der Bewerbung eines Weges entlang der Aare zur «meadow of the elfs» (Elfenau)?
Ob man das gut findet oder nicht: der Bahnhof wird immer ein touristischer Hotspot sein. Und weil der erste Eindruck wichtig ist: Abends, insbesondere am Wochenende, bieten Perrons und Tramhaltestellen in Sachen Sauberkeit halt immer noch oft ein trauriges Bild.
Was immer man auch am touristischen Image Berns korrigieren will: Die wirklichen Dauerbrenner darf man nicht aus den Augen verlieren. Dazu gehört zweifelslos das Münster. Es ist sicher auch für viele Touristen befremdlich, dass man dort durch einen Eingangsbereich geschleust wird, der mit Kitsch vollgestopft ist, bevor man den wichtigsten Sakralbau der Stadt betritt. Könnte Herr Bachofner einmal ein ernstes Wort mit der Münstergemeinde reden?
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Das Münster ist ein Highlight. Es gibt dort aber nicht nur Kitsch zu kaufen. Das Berner Bilderbuch «Das Kind vom Turm» führt auf englisch und deutsch Kinder ans Münster heran. Ebenso der Güschi (www.gueschi.ch).
Auf dem Turm oben lebt zudem die Schweizermaus JimmyFlitz (www.jimmyflitz.ch), bekannt bei tausenden von Knöpfen aus den JimmyFlitz-Hörspielen und Büchern und der App. Weil die Besucher aus der ganzen Schweiz immer danach fragten, richteten wir mit der Turmwartin schliesslich ein Bett der Maus samt Gitarre und ihrer Briefmarke dort ein. Rund 700 Kinder besuchen aus diesem Grund alle Jahre den Turm. Er wurde zu einem „Pilgerort“ und mache Knirpse bringen an Weihnachten Geschenke hoch. Nur alle dieses Aktivitäten sind halb-privater Natur und werden in den breiten Medien weniger wahrgenommen.
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Bern sollte sich als «Music City» positionieren, um auch jüngere Touristen anzusprechen. Die Stadt hat bereits ein gut funktionierendes musikalisches Ökosystem. Dazu kommen mit dem Gurtenfestival und dem Buskers zwei Anlässe mit überregionaler Ausstrahlung. Was fehlt ist einerseits eine Infrastrukturplanung, andererseits das entsprechende Branding.
Infrastrukturmassnahmen würden beispielsweise bedeuten, dass im Bereich Aarbergergasse-Bollwerk/Schützenmatte endlich eine Ausgehzone eingerichtet wird. Zusätzlich könnten in die Torbögen des SBB-Viadukts vor der Reitschule Übungsräume für Bands, Tonstudio und Büroräume für die lokale Musikindustrie gebaut werden. Denkbar wäre auch ein in den Boden der Schützenmatte gebauter Konzertsaal / Club für 800 Personen, wie er in Hamburg mit dem Mojo Club bereits existiert. Der Ort würde belebt, es entstünden Arbeitsplätze und Bern würde für kreative Talente und junge Touristen attraktiver.
Es ist klar, dass dies nicht nur Aufgabe von Bern Welcome sein kann. Der Gemeinderat und das Stadtparlament müssten dieses Projekt mittragen. Ich bin aber überzeugt, dass die Chancen hierfür gut stehen. Ein Vorbild für Bern könnte Reykjavik sein, das sich erfolgreich als «Music City» positioniert hat.
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Genau das ist es: The Music Capital of Switzerland • beating in the heart of Europe. So einen Weg würde auch ich gerne gehen. Siehe oben mit einem «Walk of Fame» für Musiker.
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Ich teile im wesentlichen die Kritik von M. Brülhart. Ich habe im Gegenteil das Gefühl, dass die Touristiker auf ausgetretenen Pfaden wandeln. Ein Festival wie aktuell das Shnit bringt Bern weiter und nicht die unsäglichen Plastikbernhardiner oder Aareschwimmkurse wie hier im Forum vorgeschlagen. Es braucht mehr Klasse und weniger Masse !
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Wir wollen gar nicht mehr Touristen.
Jetzt soll auch noch das Zollhaus beim Bärengraben für Touristen umgenutzt werden, obwohl es zu wenig Wohnungen in der Stadt Bern gibt.
Wollen wir wirklich noch mehr Leute im Sommer im Marzili?
Touristen sind von Natur aus auf den eigenen Konsum ausgerichtet, was mit der lokalen Bevölkerung passiert ist den meisten egal.
Wenn schon dann sollten unsere Touristiker besser ein paar defizitäre Berner Museen besser vermarkten. Die Touristen können solchen unterausgelasteten Infrastrukturen helfen mitzutragen, aber bitte ohne Ausbau (Kunstmuseum Bern).
Nachhaltigkeit kommt ohne Wachstum aus.
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Beitrag der Redaktion:
Liebe Leser, besten Dank für Ihre konstruktiven und kreativen Beiträge. Was sich zusammenfassend sagen lässt: Bern könnte mehr tun – vor allem die Aare könnte stärker vermarktet werden.
Was meinen Sie:
– Auf welchem Weg könnte das geschehen?
– Wie könnte mit dem Sicherheitsrisiko umgegangen werden?
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Beitrag der Redaktion:
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